Snapchat-Geschichten passen nicht in Flohmarktkisten

Teller und Postkarte

Heute zeige ich euch die ersten Flohmarktschätze auf meinem Blog. Neben dem Filofaxing ist das Schlendern über Flohmärkte eine meiner weiteren Leidenschaften. Ich liebe es, Sonntagmorgens über einen Flohmarkt zu gehen, um dort zu stöbern und zu finden. Suchen tue ich dort nicht. Ich lasse mich viel lieber von den vollgepackten Tischen, Decken und Kleiderstangen der vorrangig weiblichen Verkäuferinnen leiten, bis mein Auge etwas erblickt, was es für beachtenswert hält.
So wie vergangenes Wochenende. Da war ich am Samstagmorgen auf einem Flohmarkt unterwegs. Nämlich auf dem Kölner Stadtflohmarkt, der jeden Samstag die Woche, 52 mal im Jahr, auf dem Parkplatzgelände des Unicenters stattfindet. Ich war dort nur kurz mit meinem Liebsten. 30 Minuten für einen Flohmarkt dieser Größe sind verdammt kurz, was mir eigentlich widerstrebt. Kaum auszudenken, welche Schätze ich da übersehen habe. Normalerweise verbringe auf Flohmärkten ich mindestens eine Stunde, manchmal aber auch zwei. Ich habe aber auch schon drei Stunden geschafft. Da habe ich sehr gutes Durchhaltevermögen. Natürlich kommt es auch immer ganz darauf an, was das Angebot so hergibt. Gut, dass ich nächsten Samstag wieder hin kann, wenn ich will.

Das Wetter war traumhaft schön und die Laune hervorragend. Ich war richtig in Kaufstimmung. Trotzdem haben es nur zwei Kleinigkeiten geschafft, meine Aufmerksamkeit zu erregen: Eine alte Postkarte und ein Teller mit Rosen und Goldrand.

Teller mit Binderclips

So richtig wusste ich noch nicht, was ich mit dem Teller anfangen sollte, als ich ihn sah, aber er gefielt mir direkt. Für nur 0,10 Euro (okay, ich habe der Dame 0,50 Euro gegeben) konnte ich das Teilchen nicht stehen lassen. Ich stehe auf diese Art von altem Geschirr, auch wenn das kitschig zu sein scheint. Aber richtig in Szene gesetzt, wirken diese alten Teller, Kaffeekannen und Zuckerdöschen so dekorativ. Das mag ich ganz besonders im Frühjahr. Dieses kleine Schmuckstück ziert jetzt meinen Schreibtisch und verwahrt dort meine hauptsächlich goldenen Binderclips.

Teller mit Binderclips

Du siehst, auf meinem Schreibtisch findet sich ein ganzes Sammelsurium von Tassen, Bechern und Schalen. Im Moment gefällt es mir so. Ob ich es so stehen lasse, weiß ich aber noch nicht. Zum einen zieht bestimmt nach einem der nächsten Flohmarktbesuche etwas neues bei mir ein, was dann unbedingt in Szene gesetzt werden will und wofür ein anderes Teil zunächst weichen muss. Ganz bestimmt machen sich aber auch Plätzchen, Bonbons oder vielleicht auch ein paar Blüten ganz toll auf dem Tellerchen. Und so wird es auch, wenn es vom Schreibtisch weichen muss, eine sinnvolle Aufgabe bekommen.

Teller auf Schreibtisch

Die zweite Errungenschaft war eine Postkarte mit einem kleinen Mädchen, die auf einer steinernen Stufe sitzt und Kirschen sortiert und diese auch als Schmuckstück am Ohr trägt. Die Karte war gar nicht so leicht zu finden. Sie lag zusammen mit gefühlt einer Millionen anderen Postkarten und Fotos in einer dieser alten braunen oder grauen Kisten, die du sicherlich auch schon einmal auf einem Flohmarkt hast stehen sehen. Außerdem stand diese Kiste auf dem Tisch eines Trödel-Händlers. Ich weiß nicht warum, aber hier schaue ich meistens gar nicht so richtig hin, da die Händler für Flohmärkte meistens doch recht hohe Preise veranschlagen und ich auf dem Flohmarkt gerne Schnäppchen mache. Bei Händlern, so zeigt es meine bisherige Erfahrung, ist das dann meistens schwierig, denn sie wissen um den Wert ihrer Waren und leben ja teilweise von dessen Erlös.

Postkarte mit Mädchen

Samstag war es anders. Irgendetwas zog mich zu dieser kleinen braunen Kiste. Ich glaube es war zunächst ein leicht verschobenes Motiv des Champ du Mars mit Blick auf das Institute des Hautes Studies Defense National in Paris. Ich kramte weiter und sah das kleine Mädchen. Sie hat mich sofort verzaubert. Sowohl die Postkarte – den Grund erfährst du gleich – als auch das Mädchen. Irgendwie erinnerte mich die Kleine an mich selbt, als ich in ihrem Alter war. Und ich mag auch selbst so gerne Kirschen. Süß, wie die Kleine da so saß, völlig vertieft in das Spiel mit den Kirschen. Und die Karte ist alt. Über 70 Jahre!

Postkarte hinten

Dies verriet mir die Rückseite: Die Karte wurde am 8. April 1944 in Wiesbaden geschrieben, kurz vor dem Ende des zweiten Weltkriegs. Von Hanni an Cyrill (so lese ich das zumindest). Die Schrift ist an sich recht gut zu lesen und so zog mich die Karte gleich in ihren Bann. Eine kleine Reise in die Vergangenheit. Es handelt sich um eine kurze Liebesbotschaft von Hanni an ihren heißgeliebten Jungen. Sie bedankt sich für seine lieben Zeilen und ist betrübt darüber, dass sie das Osterfest getrennt von ihm verleben muss. So richtig sicher bin ich mir nicht, um wen es sich bei Cyrill handelt. Um ihren Geliebten oder ihren Sohn? Zunächst dachte ich, „heißgeliebt“ und „sei tausendmal zärtlich geküsst“, da muss es sich ja um ihren geliebten Partner gehandelt haben. Aber bei „mein allerbester Junge“ könnte es sich durchaus auch um ihren Sohn handeln. Was denkst du?

Wer waren Hanni und Cyrill? Wie haben sie die schlimme Zeit des Krieges verlebt? Haben sie sich je wiedergesehen? Hatten sie ein glückliches Leben? Leben sie vielleicht sogar noch? Das waren Fragen, die mir sofort durch den Kopf schossen, als ich die Karte las. Sie gibt mir und nun auch dir einen ganz kleinen Einblick in ein längst vergangenes Leben zweier völlig fremder Menschen. Auf meine Fragen werde ich wohl nie eine Antwort bekommen. Dennoch finde ich diesen Einblick auf einer Postkarte aus Papier so faszinierend. Und auch bemerkenswert. Solche Relikte aus längst vergangener Zeit werden unsere Kindeskinder, wenn sie einmal über einen Flohmarkt gehen, vielleicht nicht mehr entdecken können. Whatsapp-Unterhaltungen und Snapchat-Geschichten lassen sich nämlich so unfassbar schlecht in braune Trödelkisten packen ;-).

Postkarte an der Wand

Mein kleines Kirschenmädchen mit der Liebesbotschaft hat im Gegensatz zu dem Tellerchen seinen festen Platz an meiner Postkarten-Inspirationswand gefunden. Dort bleibt sie. Vielleicht kommt sie irgendwann weiter nach rechts oder weiter nach links, wenn ich neue Postkarten gefunden habe. Ich hab nämlich eine Postkarten-Sucht. Aber das Kirschenmädchen wird definitiv dort bleiben und mich immer an ein Stück Vergangenheit erinnern. Ob nun an die von Hanni und Cyrill oder an meine. Beides ist schön.

Flieg ins Glück,

Daniela

2 comments

  1. Doro says:

    Ach schön, Mensch!
    Ist ja irgendwie spannend, wenn man nicht mehr so genau weißt, ob es Hanni & Cyrill noch gibt? Waren sie glücklich? Haben sie sich verloren? Sehr spannend.

    Und deinen Teller finde ich auch klasse. Deinen ganzen Schreibtisch-Ausschnitt finde ich klasse! Ich würde sagen, dass wir da einen sehr ähnlichen Geschmack haben 😉

    Liebe Grüße,
    Doro

    • Libellenglück says:

      Ja, oder? Schön, dass du es auch so spannend findest in die Vergangenheit zu reisen. Wenn auch nur kurzweilig. Und dass dir der Teller gefällt, wie er da so auf meinem Schreibtisch steht. Vielleicht findest du ja auch mal so einen, oder hast ihn vielleicht schon?!

      Liebe Grüße an dich.

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